Abgeordnetendiäten

Die Dis­kus­si­on um die Neben­tä­tig­kei­ten von Abge­ord­ne­ten fin­de ich aus den ver­schie­dens­ten Grün­den span­nend; ich ver­su­che, sie auch halb­wegs ernst­haft zu ver­fol­gen. Es gibt aber eini­ge Din­ge, die mir noch immer nicht klar sind. Dazu gehört, war­um Abge­ord­ne­te, die für einen vol­len Job bezahlt wer­den, immer auch noch Zeit haben, in einem Unter­neh­men zu arbei­ten. Zwei Gedan­ken gibt es aber, die ich bis­her noch kaum in der Dis­kus­si­on gefun­den habe: 

  1. War­um nicht jene Abge­ord­ne­ten, die dar­auf bestehen, in Lohn und Brot bei ande­ren Arbeit­ge­bern zu ver­blei­ben, von Ämtern und Ent­schei­dun­gen aus­schlies­sen, die in direk­ter Wei­se Ein­fluss auf das Markt­um­feld der arbeit­ge­ben­den Unter­neh­men haben? So könn­ten dann Abge­ord­ne­te natür­lich wei­ter­hin bei Volks­wa­gen ange­stellt blei­ben, sie wären nur an kei­nen Ent­schei­dun­gen über Industrie‑, Ver­kehrs- oder Ener­gie­po­li­tik beteiligt. 
  2. War­um haben die Wäh­ler der spe­zi­el­len Wahl­krei­se noch nicht begon­nen, die von ihnen gewähl­ten Ver­tre­ter genau­er unter die Lupe zu neh­men oder sie zu befra­gen, wem sie denn in wel­cher Wei­se ver­ant­wort­lich sind? Ich glau­be schon, dass in einem par­la­men­ta­ri­schen Sys­tem, wo Abge­ord­ne­te stär­ker an ihre Wäh­ler gebun­den sind (und natür­lich auch umge­kehrt) das Gefühl der per­sön­li­chen Ver­ant­wor­tung stärkt. Dadurch aber, dass bei uns mehr die Par­tei­en und Frak­tio­nen als die ein­zel­nen Per­so­nen im Vor­der­grund ste­hen, das Sys­tem also anony­mer wird, ist mög­li­cher­wei­se auch die Bin­dung zu ande­ren sozia­len Grup­pen (wie eben vor­he­ri­ge Unter­neh­men) ein grös­se­rer Faktor. 

Ein vom Timing zusätz­lich schlech­ter Fak­tor ist, gera­de zu einem Zeit­punkt wo den Schwa­chen in der Gesell­schaft Enor­mes an Infor­ma­ti­on abge­for­dert wird, wo prin­zi­pi­el­les Miss­trau­en herrscht (wie­so sonst gibt es den direk­ten Zugriff auf die Kon­to­in­for­ma­tio­nen der ALG II Bezie­her, ohne deren Wis­sen), sich dar­auf zu beru­fen, dass Abge­ord­ne­te nicht unter Gene­ral­ver­dacht gestellt wer­den soll­ten oder auch ein Recht auf Pri­vat­sphä­re haben, ist zumin­dest schlech­ter Stil. Ich möch­te auch gar nicht wis­sen, was Abge­ord­ne­te in ihrem Schlaf­zim­mer tun; ich fin­de aber schon, dass ihre Abhän­gig­kei­ten durch­aus etwas sind, wor­auf man als von ihnen Reprä­sen­tier­ter (oder eben doch erst in zwei­ter oder drit­ter Linie Reprä­sen­tier­ter) ein Anrecht hat.


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