Bücher, Daten, Internet

Ich bin ein ziem­li­cher Bücher­wurm. Schon wäh­rend mei­nes Auf­wach­sens waren mir Bücher wich­tig und wert. Ich hat­te mei­ne Stamm­buch­hand­lung, die Buch­händ­ler dort kann­ten mich gut. Von Zeit zu Zeit half ich ein wenig bei tech­ni­schen Pro­ble­men, oder ich durf­te Bücher schon mal in Muf­fins bezah­len. Mein Geschmack, mei­ne Inter­es­sen: das war dort alles klar – und siche auch ein Stück weit von den Men­schen der Buch­hand­lung beein­flusst. Ich den­ke ger­ne an mei­ne Nach­mit­ta­ge dort zurück. Ich bin mit mei­ner Netz­kar­te mit den öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln hin­ge­fah­ren, habe geschmö­kert und gequatscht, habe oft Bücher gekauft (Buch neh­men, Geld geben) und bin wie­der gegangen.

Ich lese immer noch viel, aber vie­les hat sich dabei ver­än­dert. Papier­bü­cher kau­fe ich immer sel­te­ner, und wenn, dann zumeist bei immer dem sel­ben Online-Bücher­ver­sen­der, einem US-ame­ri­ka­ni­schen Unter­neh­men. Es gibt auch noch eine gro­ße Buch­hand­lung in der Stadt, in der ich mitt­ler­wei­le lebe – aber die Sachen bis an die Türe gelie­fert zu bekom­men ist halt doch so bequem. Und ich bin auch ein gro­ßer Freund des elek­tro­ni­schen Buches: kein Papier wird ver­ar­bei­tet und durch die Welt trans­por­tiert, der Lese­stoff ist inner­halb von Sekun­den auf mei­nen elek­tro­ni­schen Gerä­ten und über­haupt wird die Inter­ak­ti­on mit dem Mate­ri­al eine ganz andere.

Nur: frü­her, da wuss­te gera­de mal mei­ne Buch­händ­le­rin, was unge­fähr für Bücher ich kann­te und moch­te. Es gab dort wahr­schein­lich kei­ne Auf­zeich­nun­gen, die über die nor­ma­le Buch­hal­tung im Ein­zel­han­del hin­aus­gin­gen. Gezahlt wur­de mit Bar­geld, das war es. 

Heu­te? Ich kann bei ama­zon mein Kun­den­kon­to der letz­ten fünf­zehn Jah­re ein­se­hen, und jedes Buch, dass ich gekauft oder ver­schenkt habe, ist dort auf­ge­führt (auch mit der Emp­fän­ger­adres­se, damit es schön klar ist, ob es für mich selbst oder viel­leicht doch direkt für jemand ande­ren war). Ja, ich füh­re sogar säu­ber­lich zwei Lis­ten dort, wel­che Bücher mich noch inter­es­sie­ren und die ich wahr­schein­lich zu kau­fen geden­ke. Ich zah­le per Last­schrift oder Kre­dit­kar­te, also gehen auch da wie­der Daten an ande­re Unter­neh­men. Und wenn ich dann ebooks auf mei­nem Kind­le lese, wird ver­mut­lich sogar erfasst, wie viel Zeit ich mit wel­chem Buch ver­brin­ge. Auf jeden Fall aber, was ich mir im Buch notie­re und wel­che Pas­sa­gen ich mir selbst hervorhebe.

Das Bild des lesen­den Men­schen: in einer ruhi­gen Umge­bung, sehr pri­vat. Aber eben die­ses Gefühl von Pri­vat­heit trifft über­haupt nicht mehr zu. 

Weni­ge Daten­samm­lun­gen im Leben geben wohl so viel Aus­ukunft über einen Men­schen als jene die genau doku­men­tie­ren, was er oder sie so liest. Und das vor allem von Bequem­lich­keit und Zeit­er­spar­nis getrie­be­ne Kauf­ver­hal­ten führt dazu, dass das eine enor­me Men­ge an Daten offen­legt. Natür­lich gibt es Optio­nen: ich kann wie­der zur klei­nen Buch­hand­lung gehen und dort Bücher kau­fen – oder bes­ser gleich in meh­re­ren Buch­hand­lun­gen. Leih­bi­blio­the­ken fal­len aus, wenn man vor allem an Daten­spar­sam­keit inter­es­siert ist; mehr als nur klei­ne Tausch­rin­ge wohl auch. Alles, was Ebooks betrifft, ist ja sowie­so aus­ge­schlos­sen – da ist die Zuord­nung letzt­lich immer möglich. 

Ich bin mir nicht sicher, ob Poli­ti­kern heu­te die­se Zusam­men­hän­ge klar und offen­sicht­lich sind. Wenn wir übers Lesen spre­chen, den­ken die an Papier­bü­cher die man im Laden kauft, oder sehen sie den Film über die gan­zen Daten vor dem geis­ti­gen Auge?


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