Ach, wunderbare neue Welt. Bald schon werden wir in unsere Autos steigen, einen Zielort angeben und uns von dem dann endlich den Namen verdienenden Selbstfahrer dort hinbringen lassen. Viele kleine Entscheidungen nehmen uns dann Automaten ab.
Aber wie kommt es zu diesen Entscheidungen? Und wer legt die Rahmenbedingungen fest, nach denen so ein automatisches System seinen Weg findet? Welche Akteure im Gesamtsystem werden relevant, welche Interessen haben sie und wem sind sie verantwortlich?
Zunächst die Hersteller der Fahrzeuge; die haben wie bisher ihre Verantwortung – aber neben dem Bau der sicheren Karosserie, des energieeeffizienten Antriebs und der zuverlässigen Bremsen kommen ganz neue Entscheidungen dazu: welche Sensoren lassen das Fahrzeug in welche Weise seine unmittelbare und mittelbare Umwelt überhaupt erkennen? In welcher Weise stehen in welchem Umfang und mit welcher Verzögerung welche Daten zur Verfügung, auf deren Grundlage Algorithmen überhaupt erst Entscheidungen treffen können? Und welchen Aufwand in der Bearbeitung zieht das nach sich?
Dann die Hersteller der Systeme, die die Entscheidungen treffen und das Fahrzeug steuern: welche Eventualitäten haben Sie betrachtet? Wie verifiziert ein solches System die ihm zur Verfügung stehenden Messdaten und wie kann es reagieren, wenn die Daten kein konsistentes Bild ermöglichen?
Eine zentrale Stellung werden wohl die Anbieter von Geo-Informationen haben: ganz wesentliche Entscheidungen können nur auf Basis der Daten getroffen werden, die von den Kartenanbietern zur Verfügung gestellt werden. Und für diese werden sich wunderbare neue Geschäftsmodelle auftun! Sowohl in der Sicht des einzelnen Fahrzeugs, als auch in der Sicht des Gesamtsystems gibt es da spannende Optionen. „Mit dem Premium-Abo stehen Ihnen auch die Routen offen, auf denen wir seltener Staus registrieren.†Und wo sich so ein Stau bildet, das kann das Unternehmen ja auch sehr genau steuern. Oder wollen sie als Stadtviertels-Verantwortlicher, dass hier mehr Ruhe ist und weniger Autos fahren? Natürlich lässt sich das steuern. Vielleicht gibt es Kombi-Angebote: wenn sie bei allen Märkten dieser Kette vorbeifahren, oder wenn sie nur diesen einen Tank-Anbieter (oder Strom-Anbieter) nutzen, dann werden sonst die Routen billiger.
Oder vielleicht kann man ja die Abnützung der Straßen steuern – in Ländern mit privatisierten Autobahnen eine spannende Frage.
Alle diese Marktteilnehmer haben ein großes Interesse daran, dass ihre Entscheidungen, ihre Daten und ihre Algorithmen geheim bleiben. Transparenz kann nicht in deren Interesse sein. Viele von ihnen sind nicht in Europa beheimatet – oder wenn, dann ist es ganz einfach, das Intellectual Property umzusiedeln. Es wird also schwierig zu klären, wie man diese Sachen rechtlich steuert. Und dann waren die politischen Strukturen ja schon beim technisch viel, viel einfachen Diesel-Skandal rund um VW überfordert. Wie sollen die denn mit solchen Fragestellungen zurechtkommen können?
[EDIT: Nachdem ich den Artikel geschrieben habe, fand ich zufällig die Blogparade zum Thema Elektromobilität von Andreas Schulz bei ingenieurversteher-de und Stefan Fritz und habe diesen Artikel dort auch in den Topf geworfen.]
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