Die Diskussion um die Nebentätigkeiten von Abgeordneten finde ich aus den verschiedensten Gründen spannend; ich versuche, sie auch halbwegs ernsthaft zu verfolgen. Es gibt aber einige Dinge, die mir noch immer nicht klar sind. Dazu gehört, warum Abgeordnete, die für einen vollen Job bezahlt werden, immer auch noch Zeit haben, in einem Unternehmen zu arbeiten. Zwei Gedanken gibt es aber, die ich bisher noch kaum in der Diskussion gefunden habe:
- Warum nicht jene Abgeordneten, die darauf bestehen, in Lohn und Brot bei anderen Arbeitgebern zu verbleiben, von Ämtern und Entscheidungen ausschliessen, die in direkter Weise Einfluss auf das Marktumfeld der arbeitgebenden Unternehmen haben? So könnten dann Abgeordnete natürlich weiterhin bei Volkswagen angestellt bleiben, sie wären nur an keinen Entscheidungen über Industrie‑, Verkehrs- oder Energiepolitik beteiligt.
- Warum haben die Wähler der speziellen Wahlkreise noch nicht begonnen, die von ihnen gewählten Vertreter genauer unter die Lupe zu nehmen oder sie zu befragen, wem sie denn in welcher Weise verantwortlich sind? Ich glaube schon, dass in einem parlamentarischen System, wo Abgeordnete stärker an ihre Wähler gebunden sind (und natürlich auch umgekehrt) das Gefühl der persönlichen Verantwortung stärkt. Dadurch aber, dass bei uns mehr die Parteien und Fraktionen als die einzelnen Personen im Vordergrund stehen, das System also anonymer wird, ist möglicherweise auch die Bindung zu anderen sozialen Gruppen (wie eben vorherige Unternehmen) ein grösserer Faktor.
Ein vom Timing zusätzlich schlechter Faktor ist, gerade zu einem Zeitpunkt wo den Schwachen in der Gesellschaft Enormes an Information abgefordert wird, wo prinzipielles Misstrauen herrscht (wieso sonst gibt es den direkten Zugriff auf die Kontoinformationen der ALG II Bezieher, ohne deren Wissen), sich darauf zu berufen, dass Abgeordnete nicht unter Generalverdacht gestellt werden sollten oder auch ein Recht auf Privatsphäre haben, ist zumindest schlechter Stil. Ich möchte auch gar nicht wissen, was Abgeordnete in ihrem Schlafzimmer tun; ich finde aber schon, dass ihre Abhängigkeiten durchaus etwas sind, worauf man als von ihnen Repräsentierter (oder eben doch erst in zweiter oder dritter Linie Repräsentierter) ein Anrecht hat.
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